Sieben Personen sitzen in einer Besprechungssituation an einem Tisch; im Hintergrund sind ein Whitebord und ein Bildschirm mit einer Übersicht über die Arbeitsbereiche und Projekte von GLI zu erkennen.

Rechtlicher Rahmen für die Öffentlichkeitsbeteiligung zum Klimaschutzprogramm

17. Dezember 2025

Nach § 9 Abs. 1 Klimaschutzgesetz (KSG) muss die Bundesregierung ein Jahr nach Beginn jeder Legislaturperiode ein Klimaschutzprogramm mit konkreten Maßnahmen beschließen, welche sicherstellen, dass die Klimaschutzziele erreicht und die im KSG festgelegten jährlichen Emissionsbudgets nicht überschritten werden. Die Bundesministerien hatten dafür gemäß § 9 Abs. 2 KSG zum 25.09.2025 erste Maßnahmenvorschläge vorgelegt und diese teilweise im Nachgang weiter ergänzt. Allerdings wurde öffentlich berichtet, dass die bisher von den Ministerien eingereichten Maßnahmen nicht ausreichten, um die Ziele zu erreichen und die noch erhebliche Treibhausgasminderungslücke zu schließen (Tagesspiegel Background, 03.12.2025).

Bei der Erstellung des Klimaschutzprogramms ist eine frühe und effektive Beteiligung der Öffentlichkeit rechtlich verpflichtend. Dies Pflicht ergibt sich nicht nur aus dem KSG, sondern auch aus der Aarhus-Konvention (AK), einem völkerrechtlichen Vertrag. Deutschland ist schon seit 1998 Vertragspartei dieser Konvention.  

Nach § 9 Abs. 3 KSG hat die Bundesregierung für jedes Klimaschutzprogramm in einem öffentlichen Konsultationsverfahren Länder, Kommunen, Wirtschaftsverbände und zivilgesellschaftliche Verbände sowie wissenschaftliche Begleitgremien der Bundesregierung einzubeziehen. Die AK legt noch konkrete Anforderungen an die Öffentlichkeitsbeteiligung fest: 

Nach Art. 7 AK muss die Öffentlichkeit bei der Vorbereitung umweltbezogener Pläne und Programme beteiligt werden. Das Klimaschutzprogramm hat als zentrales Lenk- und Leitprogramm für die kurz-, mittel-, und langfristigen Klimaschutzmaßnahmen Deutschlands einen unmittelbaren Umweltbezug, sodass Art. 7 AK anwendbar ist. Dieser schreibt vor, dass der Öffentlichkeit die erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen sind und sodann in einem transparenten und fairen Rahmen beteiligt werden müssen. Zudem verweist Art. 7 an die Maßgaben in Art. 6 Abs. 3, Abs. 4 und Abs. 8 AK. Danach muss der Öffentlichkeit ausreichend Zeit für eine effektive Vorbereitung und Beteiligung gegeben werden, was bedeutet, dass sie frühzeitig alle relevanten Informationen erhalten muss. Weiterhin muss die Öffentlichkeitsbeteiligung frühzeitig stattfinden, zu einem Zeitpunkt, zu dem noch alle Optionen offen sind und die Ergebnisse noch berücksichtigt werden können. Die Regierung ist auch verpflichtet, die Ergebnisse angemessen zu berücksichtigen, und darf die Ergebnisse nicht nur „zur Akte nehmen“. 

Im Widerspruch zu diesen rechtlichen Verpflichtungen hat die Bundesregierung bislang lediglich fünf Leitfragen an bestimmte Stakeholder gerichtet, ohne weitere Hintergrundinformationen mitzuliefern. Da die bisherigen Maßnahmenvorschläge seitens der Ministerien nicht ausreichen, um ein rechtmäßiges Klimaschutzprogramm zu erlassen, müssen zumindest diese bisher vorgeschlagenen Maßnahmen sowie die noch bestehende Treibhausgasminderungslücke offengelegt werden. Gleiches gilt für die die wissenschaftlichen Abschätzungen zu den voraussichtlichen Treibhausgasminderungswirkungen und zu den möglichen ökonomischen, sozialen, und weiteren ökologischen Folgen, welche die Bundesministerien zusammen mit den Maßnahmenvorschlägen einreichen mussten.

Ohne Wissen darüber, welche konkreten Klimaschutzmaßnahmen bereits durch die verschiedenen Ressorts angedacht sind und welche Treibhausgasminderungslücke darüber hinaus noch geschlossen werden muss, ist eine sachgerechte Stellungnahme nur schwer möglich. Dadurch gefährdet die Bundesregierung letztlich die Erstellung eines effektiven und rechtmäßigen Klimaschutzprogramms und riskiert, ihre Pflichten aus dem Klimaschutzgesetz, aus dem Klimaschutzgebot in Art. 20a GG der Verfassung und aus dem Völkerrecht zu verletzen.

Für das aktuelle Klimaschutzprogramm kann die Bundesregierung das hierzu laufende und bisher fehlerhafte Konsultationsverfahren aber noch beheben, indem sie unverzüglich alle oben genannten erforderlichen Informationen offenlegt und die Frist zur Stellungnahme angemessen verlängert, sodass die Öffentlichkeit die neuen Informationen noch berücksichtigen kann.

Aktuelle Beiträge

Zu wenig Zukunft im Zukunftsgesetz

Im sogenannten Infrastruktur-Zukunftsgesetz denkt die Bundesregierung Infrastruktur zu eng: Grüne und blaue Infrastruktur sind essenziell für Deutschlands Zukunftsfähigkeit. Im Koalitionsausschuss am 10. Dezember 2025 hat

Weiterlesen »