Bundesverkehrswegeplan

Neu- und Ausbau von Fernstraßen

Der Verkehrssektor ist mit 148 Mio. t. CO2 der drittgrößte Emittent von Treibhausgasen in Deutschland. Dabei ist der motorisierte Straßenverkehr für ca. 98 % verantwortlich und die Trendkurve zeigt trotz einer sich verschärfender Klimakrise zuletzt wieder nach oben. Prognosen der Bundesregierung zufolge wird der Verkehrssektor die Ziele des Klimaschutzgesetzes nicht nur in den Jahren 2021 und 2022 überschreiten, sondern auch noch im Jahr 2030 sehr deutlich verfehlen. Daher entzünden sich Klimaproteste zunehmend auch an Projekten der Verkehrsinfrastruktur, insbesondere an Autobahnen.

Green Legal Impact arbeitet zum einen daran, dass der im Koalitonsvertrag der Regierungsparteien vereinbarte Dialogprozess zur Erarbeitung eines neuen Infrastrukturkonsenses rasch in die Tat umgesetzt wird und bei der Überarbeitung der Planung Klimaschutzbelange angemessen berücksichtigt werden. Zum anderen unterstützen wir laufende Gerichtsverfahren gegen Straßenbauprojekte.

Welche Fernstraßen neu- oder ausgebaut werden sollen, ist im Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP) festgelegt. Dieser Plan ist jedoch nicht mit den Zielen des Klimaschutzgesetzes abgestimmt und sieht bis 2030 Hunderte von Kilometern neuer Autobahnen vor.

Um das komplexe Instrument der Bundesverkehrswegeplanung besser verständlich und zugänglich zu machen, haben wir ein umfangreiches FAQ erstellt, in dem wir die häufigsten rechtlichen Fragen zum BVWP 2030, den Bedarfsplänen und der Umsetzung der Vorhaben sammeln und beantworten.

Dialogprozess zu einem neuen Infrastrukturkonsens

Die Planung der Verkehrswege im Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP) ist veraltet und berücksichtigt insbesondere die Ziele des Pariser Klimaabkommens und des deutschen Klimaschutzgesetzes nicht. Auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hält eine kritische Überprüfung des BVWP für erforderlich.

Vor diesem Hintergrund hat sich die neue Bundesregierung im Koalitionsvertrag das Ziel gesetzt, den bestehenden BVWP zu überarbeiten und dafür in einem Dialogprozess einen neuen Infrastrukturkonsens zu erarbeiten.

Ein klimaneutraler Verkehrssektor ist keine politische Wunschvorstellung, sondern ein verbindlicher und justiziabler Verfassungsauftrag, der bis spätestens 2045 erfüllt sein muss. Der im Koalitionsvertrag vereinbarte „Dialogprozess Infrastrukturkonsens“ zur Neupriorisierung der BVWP-Vorhaben ist am 7. Dezember 2022 unter Beteiligung von 160 Verbändevertreter*innen gestartet und bietet eine wichtiges politisches Handlungsfenster. Allerdings scheint das Verkehrsministerium wenig Interesse an einem echten Dialog und einer kritischen Prüfung der bestehenden Bedarfsplanung zu haben. Auch in der zweiten Veranstaltung am 04. Mai 2023 gab es keine Anzeichen dafür, dass die Sicherstellung der Klima- und Umweltverträglichkeit des laufenden BVWP Gegenstand des Dialogprozesses sein soll. Mehrere Umweltverbände haben sich bereits im vergangenen Jahr mit einem offenen Brief an Verkehrsminister Volker Wissing gewandt. Im Mai 2023 erneuerten mehrere Verbände ihre Forderungen in einer gemeinsamen Stellungnahme zu dem Prozess, der zunehmend zu einer Farce zu werden droht.

Deshalb müssen parallel alle weiteren Möglichkeiten ausgelotet werden, um – auch bei Scheitern des Dialogprozesses – eine nachhaltige, klimazielkonforme Neuausrichtung der Infrastrukturplanung zu erreichen.  Green Legal Impact e.V. unterstützt die Umweltverbände und Bürger*inneninitiativen bei allen juristischen Fragen zur Verkehrswegeplanung und dem Straßenbau in- und außerhalb des Dialogprozesses, nimmt aber selbst nicht an diesem Prozess teil.

Juristisches Vorgehen gegen Neu- und Ausbau von Autobahnen

Es gibt eine Vielzahl von Initiativen gegen die zahlreichen neu geplanten Autobahnabschnitte im bestehenden Bundesverkehrswegeplan 2030. Ein Großteil der Proteste wird auch juristisch begleitet, d.h. die Initiativen und Verbände klagen vor den verschiedensten Gerichten mit den unterschiedlichsten Argumenten.

GLI begleitet und unterstützt diese juristischen Strategien. Gemeinsam mit Anwält*innen sammeln und beantworten wir die wichtigsten rechtlichen Fragestellungen und bieten den an den Verfahren beteiligten Anwält*innen eine Plattform für Vernetzung und Austausch. Eigene Mandate übernimmt GLI nicht. Wir vermitteln aber bei Bedarf.

Eine fortlaufend aktualisierte Tabelle bietet einen Überblick über alle laufenden Gerichtsverfahren gegen Straßenverkehrsprojekte des Bundesverkehrswegeplans 2030. Sie legt die Grundlage für eine koordinierte Vernetzung der juristischen Akteur*innen und Verfahren: Wer klagt wo und mit welcher Begründung? Wo können Klagen erfolgreich sein und wo fehlt es noch an Rechtsschutz?

Kommunaler Widerstand gegen den Bundesverkehrswegeplan

Der Widerstand gegen den Bau weiterer Autobahnen und Bundesfernstraßen ist vielfältig. Neben Aktivist*innen, betroffenen Grundstückseigentümer*innen, Bürger*innen-Initiativen und Umweltverbänden setzen sich auch zunehmend die betroffenen Kommunen gegen Vorhaben in ihrem Wirkungsbereich ein. Vielerorts bringen Gemeindevertretungen ihre Ablehnung in Beschlüssen und Resolutionen (z.B. Sankt Augustin gg. die A 59; Bad Bevensen gg. die A39) zum Ausdruck, wirken mit Einwendungen und Stellungnahmen auf die Planfeststellung ein und ziehen auch gegen Planfeststellungsbeschlüsse vor Gericht. So sprachen sich zum Beispiel die Gemeinden Gottenheim (Baden-Württemberg), die Stadt Sternberg (Mecklenburg-Vorpommern) und die Stadt Gütersloh (Nordrhein-Westphalen) öffentlich gegen Straßenbauprojekte in ihrem Gemeindegebiet aus. Die Stadt Leverkusen hat einen Forderungskatalog an das Verkehrsministerium geschickt und mit einer Klage gegen den Ausbau der A1 und A3 gedroht. Der Rat der Stadt Bonn verfasste Einwendungen zur A59, indem er unter Verweis auf die Klimakrise den Ausbau der Autobahn ablehnte. Mit dem Ziel der Verhinderung der B 26n haben sich in Bayern sogar mehrere Gemeinden in einem Verein zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen die Belastung von Mensch, Umwelt und Klima durch das Vorhaben zu kämpfen.

Bislang finden diese kommunalen Anstrengungen gegen einzelne Projekte weitestgehend isoliert statt. Dabei stehen viele Gemeinden vor denselben Problemen und Herausforderungen: Autobahnen werden vom Bund geplant, genehmigt und schließlich mit Bundesmitteln gebaut. Um ein Projekt zu stoppen, braucht es eine Entscheidung auf Bundesebene.  Eine stärkere Vernetzung und Bündelung der Interessen kann den kommunalen Stimmen mehr Gewicht in der Diskussion um die Umsetzung des Bundesverkehrswegeplans  und die Mobilitätswende verleihen. Die Initiative „Lebenswerte Städte“, in der über 890 Kommunen gemeinsam für eine Änderung des Straßenverkehrsrechts eintreten, hat gezeigt, welches politische Potential eine koordinierte Vorgehensweise der Kommunen und Städte bergen kann.

Green Legal Impact e.V. ermöglicht einen Austausch zwischen kommunalen Akteur*innen, die sich gegen Vorhaben aus dem Bundesverkehrswegeplan wehren. In einer Übersicht stellen wir Informationen zu existierenden Bestrebungen zusammen. Gleichzeitig stellen wir Informationen über mögliche Handlungsformen und deren Wirksamkeit zur Verfügung.

Unterstützung bei Einwendungen zum Klimaschutz

§ 13 Abs. 1 S. 1 KSG verlangt von den Planfeststellungsbehörden, bei der Entscheidung über die Genehmigung neuer Bundesfernstraßen die Ziele des Klimaschutzgesetzes zu berücksichtigen. Derzeit bleibt die Prüfung der Klimaschutzbelange jedoch häufig hinter den gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben zurück.

Wir unterstützen Verbände und Betroffene bei Einwendungen zum Klimaschutz im Rahmen von Öffentlichkeitsbeteiligungen.